Was Pilates wirklich bedeutet – gerade jetzt im Reformer-Boom

Hallo ihr Lieben, hier ist Karin.

Kaum zu glauben – es ist schon November! Nur noch zwei Monate bis zum Jahresende. Die Zeit vergeht so schnell, oder? Besonders seit ich Kinder habe, habe ich das Gefühl, die Tage rasen nur so dahin. Manchmal denke ich mir, der Tag müsste mehr als 24 Stunden haben – so viel ist zu tun! Und trotzdem bin ich unglaublich dankbar, dass meine Kinder mein Leben jeden Tag mit so viel Freude und Lebendigkeit füllen. Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich nebenan das leise, friedliche Atmen meines Kindes.

Heute möchte ich über ein Thema schreiben, das mir schon seit einer Weile im Kopf herumgeht: die aktuelle Pilates-Szene hier in Wien.

Vielleicht habt ihr euch auch schon gefragt, was Pilates eigentlich genau ist. Die meisten kennen es mittlerweile, aber ein kurzer Rückblick lohnt sich.

Pilates ist eine Trainingsmethode, die Anfang des 20. Jahrhunderts vom Deutschen Joseph Pilates entwickelt wurde. Er wurde 1883 in Mönchengladbach geboren und war als Kind oft krank. Aus dem Wunsch heraus, seinen Körper zu stärken, beschäftigte er sich mit Yoga, Gymnastik und Kampfsport – und entwickelte schließlich seine eigene Philosophie für Bewegung und Gesundheit. (Sein Vater war ein griechischstämmiger Turner, seine Mutter eine naturheilkundlich arbeitende Frau. So wuchs Joseph in einem Umfeld auf, in dem Gesundheit und Körperbewusstsein von klein auf eine große Rolle spielten.)

Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er als Sanitätshelfer und entwickelte Trainingsgeräte aus Bettfedern, um verwundete Soldaten zu rehabilitieren. Diese Erfindungen wurden später zu den Vorläufern der heutigen Pilates-Geräte.

An dieser Stelle möchte ich euch einen kleinen Überblick über die Pilates-Geräte geben. Die Fotos stammen von der Webseite von BASI Systems (nicht meine eigenen Aufnahmen).

Ursprünglich war Pilates also ein Gerätetraining. Doch als Joseph Pilates später in die USA auswanderte, begann er, seine Übungen auch auf der Matte umzusetzen – damit wirklich jeder, überall, trainieren konnte. So entstand das Mat Work, das wir heute kennen.

In den 1920er Jahren eröffnete Joseph gemeinsam mit seiner Frau Clara sein erstes Studio in New York. Bald schon kamen Tänzerinnen, Sportlerinnen und später auch viele andere Menschen zu ihm – fasziniert von dieser ganzheitlichen Methode, die Körper, Geist und Seele verbindet.

Heute wird Pilates weltweit praktiziert – von der Reha bis zum Leistungssport, vom Achtsamkeitstraining bis zur Körpertherapie. Das Leitmotiv von Joseph Pilates – „Body, Mind and Spirit“ – ist zeitlos und aktueller denn je.

Wie man aus diesem Verlauf erkennen kann, bildet die Pilates-Methode erst dann ein vollständiges System, wenn sowohl das Training an den Geräten als auch das Matten-Training integriert werden. Die Geräte helfen dabei, Bewegungen präzise zu führen, geben gleichzeitig Unterstützung und Widerstand und fördern so ein tieferes Körperbewusstsein. Das Matten-Training hingegen nutzt den eigenen Körper als „Werkzeug“, um Kontrolle, Stabilität und Konzentration zu schulen. Erst die Verbindung beider Ansätze ermöglicht es, das wahre Wesen von Pilates wirklich zu erleben.

In den letzten ein bis zwei Jahren erlebt Wien einen regelrechten Reformer-Boom. Überall entstehen neue Studios, viele davon bieten Gruppentrainings am Reformer an – modern, stylisch, beliebt. Ich freue mich über dieses wachsende Interesse, aber gleichzeitig beobachte ich die Entwicklung auch mit gemischten Gefühlen. Denn immer häufiger hört man von Kurzzeit-Ausbildungen, die nur den Reformer abdecken.

In einer vollständigen Pilates-Ausbildung werden alle Geräte sowie das Matten-Training systematisch erlernt. Darüber hinaus umfasst sie rund 500 Stunden Eigenpraxis, Hospitation und Unterrichtspraxis, in denen die Teilnehmer*innen sowohl theoretische als auch praktische Kenntnisse vertiefen. Erst nach erfolgreichem Bestehen der schriftlichen und praktischen Prüfungen darf man sich offiziell Pilates-Trainer*in nennen. Da es eine Arbeit ist, bei der man direkt mit dem Körper eines Menschen arbeitet und ihn unterstützt, ist dieser umfassende Ausbildungsweg mehr als gerechtfertigt.

Auf Social Media sehen wir viele ästhetische Bilder – schöne Studios, elegante Posen. Das ist inspirierend, keine Frage. Aber Pilates ist mehr als das, was man sieht. Es geht um das, was innen passiert – um Achtsamkeit, Atmung, und um das bewusste Zusammenspiel von Körper und Geist. Darum wünsche ich mir, dass jeder, der Pilates praktiziert, die Philosophie dahinter spürt.

Beim Wählen eines Trainers oder einer Trainerin sollte man genau darauf achten, welche Qualifikationen vorhanden sind, wie viel Erfahrung die Person hat und ob sie sich weiterhin fortbildet und ihre Fähigkeiten regelmäßig auffrischt.

Pilates ist keine bloße Nachahmung von Bewegungen, sondern ein bewusstes, achtsames Training. Das von Joseph Pilates geprägte Prinzip „Body, Mind and Spirit“ – die Einheit von Körper, Geist und Seele – sollten wir gerade heute wieder besonders wertschätzen.

Für mich bedeutet Pilates nicht nur Bewegung, sondern vor allem, die eigene Körperwahrnehmung zu schulen und sich bewusst mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen. Das Lernen, das Sammeln von Erfahrungen und das Weitergeben dieser Erkenntnisse an andere – das ist es, was Pilates für mich ausmacht. Auch in Zukunft möchte ich Menschen dabei unterstützen, ihren Körper besser zu verstehen und ein leichteres, geschmeidigeres Leben zu führen. Mit genau diesem Gedanken möchte ich Pilates vermitteln.