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Unsere 96-jährige Großmutter mit COVID 2

Am 1. November ist unsere Großmutter im Alter von 96 Jahren und 2 Monaten friedlich verstorben.

Vor zwei Wochen schrieb ich noch einen Blogeintrag voller Hoffnung auf ihre Genesung, doch nun hat sie ihre letzte Kraft aufgebraucht. Der Auslöser war die Corona-Infektion, die im Pflegeheim umging und ihre Sauerstoffsättigung senken ließ. Wie ich im letzten Blog bereits erwähnte, wurde sie wegen einer Aspirationspneumonie ins Krankenhaus eingeliefert. Sie erhielt Sauerstoff und Antibiotika, und zunächst zeigten sich kleine Anzeichen der Besserung. Doch nach dem zweiten negativen Test war sie fast bewusstlos.

Obwohl sie das Virus selbst überstanden hatte, führte die Infektion vermutlich dazu, dass bereits bestehende Probleme sich verschlimmerten. Corona war also nicht die direkte Ursache, sondern der Auslöser für eine Verschlechterung ihres ohnehin schwachen Körpers.

Meine Mutter konnte sie endlich besuchen, doch unsere Großmutter trug sowohl die übliche Maske als auch die Sauerstoffmaske. Ihre Worte waren kaum verständlich – ein normales Gespräch war nicht möglich. Ob die Vorschrift, zusätzlich zur Maske eine Sauerstoffmaske zu tragen, notwendig war, wissen wir nicht, aber sicher war es für sie sehr belastend.

Die letzten Tage vergingen schnell. Wir Schwestern leben in Europa und konnten nur telefonisch von der Mutter über ihren Zustand erfahren. Wir beteten und hofften, doch der Körper unserer Großmutter war am Ende.

Nach Aussagen des Pflegepersonals öffnete sie in den letzten Tagen die Augen nicht mehr und entfernte schließlich selbst die Sauerstoffmaske, bevor sie friedlich einschlief. Vielleicht hat sie ihren Abschied vorausgeahnt. Sie ging ganz allein, ohne Menschen um sich, was für uns sehr schmerzhaft ist, aber vielleicht war dies auch ihr Weg, weiteres Leiden zu vermeiden.

Der September brachte neues Leben – Karins Kind wurde geboren. Für unsere Familie waren diese eineinhalb Monate daher besonders intensiv und voller Reflexion.

Aus dem Nichts entsteht Leben, und ins Nichts kehrt es zurück – ein faszinierendes, beinahe mystisches Geschehen.

Unsere Großmutter war eine starke und schöne Frau, deren Lächeln immer zu ihr passte.

Hier seht ihr ein Foto aus ihren Zwanzigern – so glücklich schaut sie. Wenn ich dieses Bild betrachte, frage ich mich, wie es ist, 96 Jahre zu leben. Ich habe selbst noch nicht einmal ein Drittel ihres Lebens erreicht und kann mir kaum vorstellen, was sie alles erlebt hat.

Die Menschen ihrer Generation hatten weder Autos noch Duschen, Waschmaschinen, Telefone oder Computer. Ihr Leben war völlig anders, ihre Wahrnehmung und ihr Alltag anders. Heute scheint die Welt reich an Dingen, doch oft ist das Herz ärmer als damals. Damals half man einander, lebte gemeinsam – ein Lebensstil, den wir uns nur vorstellen können.

Unsere Großmutter lebte durch die Vorkriegszeit, den Krieg, die Nachkriegszeit, das Wirtschaftswunder und bis in die heutige Zeit – ein Privileg, das nur wenigen zuteilwurde.

Nun ist sie nicht mehr da, auch wenn wir nach Japan zurückkehren. Der Gedanke daran ist schmerzhaft. Ich weiß, dass das „Annehmen“ des Todes den Geist beruhigt, doch die Gefühle folgen nicht so leicht. Deshalb werde ich jetzt weinen, solange ich muss, und langsam die Erinnerungen bewahren.

Zum Abschluss ein Bild vom Kōen-ji, dem Tempel, in dem unsere Großmutter bestattet wurde. Die Herbstfärbung der Ahornbäume ist dort bekannt, und viele Besucher kommen, um die Schönheit zu genießen. Sicherlich betrachtet unsere Großmutter diesen Herbst von irgendwo oben und lächelt.

Vielen Dank, dass ihr heute gelesen habt.
Bis in zwei Wochen🍀

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この記事を書いた人/Autorin dieses Artikels

In Japan aufgewachsen, jetzt in Wien lebende Phytotherapeutin.
Hobbys: Fotografie und Bloggen!

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